der große unordentliche in einer ordentlichen zeit zu besuch bei EnzymKultur

Günter Bruno Fuchs-Gedächtnistrinken

Juli 2024

»Nachts geht der Hund über die Straße.
Spaziert. Beide Augen sehen.
Weißt du, sagt ein Fenster zum Hund, mal hast du
die Geschichte Wau erzählt.
In der Nacht eine gute Geschichte.
Und du hast, das weiß ich,
etwas für dich behalten.« GBF

Am 3. Juli 1928 wurde der Berliner Künstler, Malerpoet und Kneipengänger Günter Bruno Fuchs geboren. Im Sommer diesen Jahres hätte er seinen sechsundneunzigsten Geburtstag gefeiert, wäre er nicht mit achtundvierzig Jahren verstorben.

EnzymKultur feiert am 03. Juli 2024, um an sein Werk zu erinnern und ihn zu ehren.

Er war Schöpfer so wunderbarer Bücher wie ›Krümelnehmer‹ oder ›34 Kapitel aus dem Leben des Tierstimmen-Imitators Ewald K.‹, ›Aus dem Leben eines Taugenichts‹, ›Ein dicker Mann wandert‹ oder ›Ratten werden verschenkt‹.

»Der Mann war so zart, er mußte sich einen Schutzpanzer anessen, antrinken. Wie wäre sonst einer, zum Kind geboren, in das für Kinder biblische Alter von achtundvierzig Jahren gekommen? …
An diesem schweren Mann war alles leicht: seine Rede und sein Gang, seine Gesten und seine Hand, seine Verse und sein Gesang. Nur eines wurde diesem geborenen Melancholiker schwer: das Leben. Er litt an der Kälte unserer Welt …
Das Staunen – und das Entsetzen – eines Kindes vor dem Leben bestimmten alles, was er seither tat, als Hilfsarbeiter oder Zirkus-Clown, als ›Schulhelfer‹ oder Bergmann, als Holzschneider und Graphiker, als Dichter, Fabulierer, Herausgeber. Es tut ihm Unrecht, wer Günter Bruno Fuchs als Troubadour der Trinker, als Dichter der Destille feiert, nur weil einige Titel seiner Bücher dies vermuten lassen könnten, von den ›Trinkermeditationen‹ (1962) über ›Pennergesang‹ (1965) bis zu ›Herrn Eules Kreuzberger Kneipentraum‹ (1966). …
Dieses melancholische Weltkind war ein solider, fleißiger Handwerker: gestochen klar und schön die Züge seiner handschriftlichen Briefe, skurril hintergründig die schwarz-weißen Linien seiner Holzschnitte, voll zärtlicher Trauer die Gedichte und die (meistens in schlichten Hauptsätzen erzählten) ganz realistischen, zugleich ganz phantastischen Geschichten.«
Die Zeit, aus dem Nachruf, 1977

 

Programmplanung

 


»Hoch die Tassen!« – Auf das Wohl von Günter Bruno Fuchs

Seit 1998 veranstaltet Matthias Schamp Günter Bruno Fuchs-Gedächtnistrinken.
Zehn Becher mit der Inschrift ›Günter Bruno Fuchs-Gedächtnistrinken / seit 1998‹ samt einer kleinen Bibliothek mit Fuchs-Werken befinden sich in einem Koffer. Schamp geht mit dem Koffer auf Reisen, trifft sich mit Leuten und führt in wechselnder Gesellschaft und an verschiedenen Orten ›Günter Bruno Fuchs-Gedächtnistrinken‹ durch. Man trinkt auf GBFs Wohl, blättert in seinen Büchern, liest sich gegenseitig Passagen vor und schwatzt über Gott und die Welt. Das erste Gedächtnistrinken fand November 1998 in Mark Formaneks silbernem ›Diana-Container‹ auf der Kölner Domplatte statt. Weitere Treffen folgten in unregelmässigen Abständen durch die Jahre.

»Nicht genug, daß die Bäume in den Himmel wachsen! –
jetzt lachen sogar die Eichhörnchen
und werfen Haselnüsse ins All.« GBF

 

zur Homepage Matthias Schamp


GBF-Gedächtnistrinker, Bochum 2003

 

An den ›Märchen zu je drei Zeilen‹ von Günter Bruno Fuchs orientiert sich Karl-Heinz Mauermann, wenn er kurze Videoskizzen zu dessen Texten entwirft.

So wie Fuchs in wenigen Sätzen skurrile, seltsam phantastisch wirkende Welten entwirft, zeigt Mauermann in seinen Bildcollagen Sonderlinge und Kinderträume eines dicken Mannes.

»An der Straßenecke steht ein Schneemann. Neben dem Schneemann steht ein Mann. Neben dem Mann steht ein zweiter Schneemann. Neben dem zweiten Schneemann steht ein zweiter Mann. Die beiden Schneemänner hören zu, worüber die beiden Männer sprechen. Die beiden Männer ahnen das nicht und sprechen wie üblich.« GBF

 

EnzymKultur bringt Tondokumente zu Gehör. In der Abendveranstaltung werden kleine Schallplattenlesungen von Günter Bruno Fuchs aufgelegt.

 

Kofferbibliothek


Die Bücher für die kleine Kofferbibliothek werden auf Flohmärkten und in Antiquariaten zusammengesucht.
Doppelte Exemplare werden an interessierte Besucher der GBF-Gedächtnistrinken verschenkt.