Maschinenraum – eine sound-/video-performance
Das Duo khmfn zeigt Maschinenraum. Geheimnnisse existieren dabei nicht. Das offenbar zu Sehende ist das Geheimnis. Der Klangmaschinist Frank Niehusmann verfremdet und collagiert Industriegeräusche und Maschinenklänge mit seinem Laptop-Computer im Strahlengang einer Videoprojektion stehend. Er wird somit Teil der Projektion, reagiert auf sie und agiert in ihr. Der Bildinstallateur (Karl-Heinz Mauermann) schafft während der Performance eine kinetische Installation, eine ständig wechselnde Bilderwelt. Improvisierend baut er während der Aufführung diese Welt der Videoprojektion immer neu. Die so entstehenden Bilder befinden sich in labilen Zuständen. Minimale Eingriffe in das Rückkopplungssystem führen zu ästhetisch hochkomplexen, teilweise chaotisch ablaufenden Prozessen.
Kaskadierende Metallkonstruktionen, innerhalb derer der Klangmaschinist Motoren heulen und Rammen donnern lässt, sind zusehen: reales Spielzeug und virtuelle Werkstatthalle. Auf der Bühne ist die Entstehung der Bilder für das Publikum sichtbar.
Die projizierte Bildabfolge basiert auf einer doppelten visuellen Rückkopplung von live aufgenommenen Videobildern einfacher selbstgebastelter Maschinenmodelle, opto-elektronischer Bauteile und Lichtreflexionen. Der Klangmaschinist wird zum Bestandteil einer ständig oszillierenden, gigantisch wirkenden Maschinenwelt.
Die Performance ist live, jede Aufführung einmalig und nur im Rahmen bestimmter Parameter, die die Partitur bilden, wiederholbar. Es existieren verschiedene Versionen des Stückes – zwischen 10 und 60 Minuten. Maschinenraum ist eine Arbeit über die Bedeutung von Klängen für die optische Wahrnehmung und über die Bedeutung von Bildern für die akustische Wahrnehmung. Maschinenraum ist ein System zur Erprobung von Wahrnehmungsphänomenen.
Claudia Heinrich
Maschinenraum ist ein Konzert für Augen und Ohren
Ein kleines rotes Plastikherz, mit einem klassischen Metallbaukasten gebaute Konstruktionen, Schrauben, Drähte, aufziehbare Motoren und ein rotierender Hand-Miniventilator – dies sind einige der Protagonisten eines vielfältigen Miniaturpanoptikums, das in der Bild-/Klangperformance Maschinenraum zum Einsatz kommt. Der Bild-Akteur nimmt ein Ding nach dem anderen auf, positioniert es auf sich drehenden Plattentellern, bewegt es vor der Kamera hin und her und legt es wieder beiseite. Als monumentale Vergrößerungen – verfremdet in Farbe und Form durch ein ausgeklügeltes Aufnahmesystem aus sich gegenseitig beeinflussenden Videokameras – erlangen die Objekte in der Projektion auf der meterweit entfernten Leinwand ungewohnte Dimensionen.
Unentwegte Metamorphose findet hier statt: Mal generiert sich Bedrohliches, mal Beschwingt-Spielerisches, mal einfach undefinierbare abstrakte Strukturen, die pointiert, ja geradezu dramatisch überhöht werden durch die Industriegeräusche und Maschinenklänge, die der zweite Akteur live aus dem Laptop-Compter einspielt.
Maschinenraum ist ein Konzert für Augen und Ohren, eine Collage aus Objekten, Akteuren, Bildern und Klangfolgen. „Bildinstallateur“ und „Klangmaschinist“ agieren wie Mitglieder einer Jazz-Combo, spielen sich gegenseitig zu und entwickeln in der Reaktion aufeinander eine Dramatik, die sich, im Rahmen einer offenen Komposition, während des Performance-Prozesses auch improvisierend entwickeln darf.
Für das Publikum entsteht ein Rezeptionserlebnis auf zwei simultanen Ebenen. Es muss sich von Sekunde zu Sekunde entscheiden, welche es jeweils betrachten und verfolgen will. Da ist zum einen das Werk: die Bilder, das Konzert. Da sind zum anderen die Bild- und Klang-Verursacher in Aktion: der den Ablauf des visuellen Geschehens bestimmende „Bildinstallateur“ inmitten seines chaotisch wirkenden Equipments aus Tisch, Kameras, Strahlern, Kabeltrommeln und Kisten voller Alltagsgegenstände sowie der „Klangmaschinist“ vor der Projektionsfläche, der die Bilderfolge im Blick hält und zeitgleich an der Computertastatur die Klänge mischt und einspielt.
Der Reiz der Performance liegt nicht zuletzt in der Zusammenschau von Ursache und Wirkung, in der offen vor Augen geführten Diskrepanz zwischen den Bild-/Klangquellen und dem ästhetischen Endprodukt: Miniaturobjekte und minimale Handarbeit bei cleaner Hightech-Unterstützung stehen gegen die riesenhaften Projektionen inmitten eines martialischen Klangteppichs, der einen gigantischen Maschinenraum simuliert.